Monat: August 2019

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Von der Familienführung zur Fremdführung – Systemwechsel im Familienunternehmen (Teil 2)

Den passenden Fremdgeschäftsführer finden

Weil Inhaber vor dem Hintergrund des Systemwechsels von Familien- auf Fremdführung erstmalig einen Externen an die Unternehmensspitze berufen, können Sie dabei noch auf wenig Erfahrung zurückgreifen. Im Teil 2 meines Beitrages möchte ich Erfahrungen aus der täglichen Praxis teilen. Dieser Beitrag richtet sich insbesondere an solche Familienunternehmen, die zum ersten mal einen Fremdgeschäftsführer suchen.

Auswahlgremium benennen  

Ein erster Schritt ist, ein Auswahlgremium zu benennen. Repräsentiert fühlen sollten sich alle Inhaber und es ist wichtig, dass man im Gremium in der Lage ist, auf alle Fragen zum Unternehmen umfassend und kundig zu antworten. Das Gremium sollte gut arbeitsfähig sein, was bei einer Größe von 3-5 Mitgliedern gegeben ist. Es ist verantwortlich für den kompletten Prozess von der Suche bis hin zur Präsentation und Empfehlung geeigneter Kandidaten im Gesellschafterkreis. Wichtig ist, auf eine gute Kommunikation und Transparenz zu den Inhabern zu achten, da dies Vertrauen schafft.

Auftrag und Erwartungen gut formulieren 

Ausführlich die Aufgabenstellung für und die Erwartungen an den Geschäftsführer zu Papier zu bringen ist die halbe Miete. Somit ist es von hoher Wichtigkeit, sich im Vorfeld der Suche ein sehr klares Bild über die Unternehmenszukunft zu machen, welches gemeinsam erarbeitet wird. Ein leider sehr häufiger Irrtum und Fehler ist die Denkweise, wir suchen uns einen guten Geschäftsführer und der wird es richtig und erfolgreich machen. Insgeheim hofft man auf die Übereinstimmung eigener unausgesprochener Erwartungen mit dem tatsächlichen Wirken des neuen Chefs. Wenn dem nicht so ist, führt das schnell zu Konflikten und nicht selten zur Trennung

Inhaberkompetenz ist gefordert 

Gesellschafter von Familienunternehmen sagen manchmal, „Was soll ich denn unserem Geschäftsführer vorgeben? Dazu habe ich selbst viel zu wenig Ahnung. Deswegen holen wir ihn ja und bezahlen ihm viel Geld.“  So verständlich diese Aussage einzelner Gesellschafter ist, entbindet es dennoch die Inhaberschaft nicht von Ihrer Gesamtverantwortung und Richtungsentscheidung für das Unternehmen.

Genau wissen, wen man sucht 

Aus dem Auftrag und den Erwartungen an den künftigen Fremdgeschäftsführer leitet sich das Anforderungsprofil ab. Welche Skills werden benötigt? Über welchen Erfahrungsschatz sollte der künftige Chef verfügen? Welches spezifische Wissen braucht er? Über welche Kompetenzen verfügt das Unternehmen bereits und was wäre eine sinnvolle und gute Ergänzung? Das Ergebnis ist die Erarbeitung und Verabschiedung eines guten Anforderungsprofils im Gremium und unter Einbindung der Inhaber. Spätestens wenn es zur schwierigen Entscheidung zwischen mehreren sehr geeigneten Kandidaten kommt, wird man das Vorhandensein eines qualifizierten Suchprofils schätzen lernen. Die bestmögliche Übereinstimmung zwischen Kandidaten und Suchprofil soll am Schluss den Ausschlag geben.

Unterstützung durch Personalberater 

Oft werde ich gefragt, ob sich die Zusammenarbeit mit professionellen Personalberatern in dem Such- und Auswahlprozess empfiehlt. Ja, aber… so meine Antwort. Wichtig ist sich vor Augen zu halten, dass Suche und Beratung voneinander zu trennen sind. Ein bisschen ist das so, als wenn man zur Bank geht und seinen Kundenberater nach einer guten Vermögensanlage fragt. Da stecken zwei Seelen in seiner Brust, die des Verkäufers und die des Beraters. Erfahrene Personalberater durchlaufen diese Prozesse tagtäglich. Ihr Beitrag kann von großem Nutzen sein. Zudem haben sie die nötige Distanz, was ihnen Empfehlungen mit hoher Objektivität ermöglicht. Selbstredend ist die Suche und Präsentation geeigneter Kandidaten die Kernleistung des Personalberaters, danach sollte er ausgewählt werden. Nahezu unverzichtbar sind Berater m.E. bei einer vertraulichen und verdeckten Suche. Wenn das Unternehmen zunächst nicht genannt werden möchte und auf dem Markt nicht bekannt werden darf, dass für die Position des Geschäftsführers eine neue Person gesucht wird, braucht es einen externen Agenten. So kann Anonymität so lange wie möglich gesichert bleiben.

Prüfe gut, wer sich lange bindet

Die Zusammenarbeit von Inhaberfamilien und Fremdgeschäftsführern scheitert in vielen Fällen nicht an dessen Leistungen. Oft kommt es zum Konflikt, weil die Chemie nicht stimmt. Für die Inhaber ist die Unternehmensführung bildlich gesprochen der verlängerte Arm ins Unternehmen. Sie transportiert die Visionen und Ziele und Werte der Familie in die Organisation und zu den stakeholdern. Wenn es zwischen Familie und Führung nicht harmoniert, wird das leider oft erst zu spät spürbar. Und dann macht man mal schnell Kompromisse, weil eine Trennung immer auch negative Auswirkung auf den laufenden Geschäftsbetrieb hat. Deshalb prüfe gut wer sich lange bindet. Im Idealfall kennt man sich schon über viele Jahre, weil der künftige Geschäftsführer seinen Weg im Unternehmen gegangen ist. Das muss aber kein Garant sein, denn eine neue Aufgabe und eine neue Rolle können schon einmal andere Seiten eines Menschen aufzeigen. Schwieriger wird eine Entscheidung für Personen, die man noch nicht kennt. Ein gutes Kennenlernen und das Entwickeln eines guten Verständnisses füreinander ist oberstes Gebot und ich kann nur empfehlen, sich hier wirklich Zeit zu nehmen. Hilfreich für eine gute Prüfung kann das Hinzuziehen eines professionellen Begleiters sein, der das Familienunternehmen bereits gut kennt.

Unternehmergespräche führen 

Kandidaten wollen über die Zukunft sprechen. Sie wollen wissen, wohin die Reise im Unternehmen geht. Was soll erreicht werden? Was ist auszuschließen? Woran wird man ihren Erfolg messen? Was sind die strategischen und finanziellen Rahmenbedingungen? Man befindet sich dann sehr schnell inmitten tiefer strategischer und unternehmerischer Diskussionen. Damit unterscheiden sich diese Gespräche inhaltlich nicht  wesentlich von Bewerbungsgesprächen mit Managern und Führungskräften in anderen Organisationen. Der entscheidende Unterschied ist aber, dass die Inhaberfamilie geschlossen hinter den dargestellten Zielsetzungen und Erwartungen steht. Fremdgeschäftsführer wollen sicher gehen, dass sie nicht in Zielkonflikte zwischen den Gesellschaftern geraten und vertrauen auf einen gemeinsam vereinbarten Kurs.

Die Unbekannte – die Familie hinter dem Unternehmen 

Als Profi kann ein Bewerber sich mit gezielten Recherchen und Fragen schnell einen relativ guten Überblick über die Organisation, den Markt, den Strategien und die Finanzen verschaffen. Anders aber ist es mit der „Familie hinter dem Unternehmen“. Aber auch hier hat die Professionalität der Top-Manager stark zugenommen, was die folgende Sammlung von Fragen externer Kandidaten aus verschiedenen Bewerbungssituationen zeigt. Ich habe diese unten angestellt und kann sie zum „Selbstcheck“ für Familienunternehmen nur empfehlen.

  • Gibt es eine schriftliche Darstellung der Inhaberstruktur und der Gesellschafterfamilie?
  • Gibt es eine Family Governance und/oder eine Familienverfassung?
  • Wie sichert die Familie Handlungs- und Entscheidungssicherheit?
  • Gibt es feste Regeln für den Umgang mit Dividenden?
  • Welche Ziele verfolgen die Gesellschafter mit dem Unternehmen? Gibt es hierüber Konsens?
  • Gibt es strategische und finanzielle Vorgaben für die Umsetzung der Ziele?
  • Für welche Werte stehen die Gesellschafter?
  • Was müsste ich tun, um den Unmut der Familie auf mich zu ziehen?
  • Stehen Nachfolgen / Generationenwechsel im Gesellschafterkreis an? Sind diese geregelt?
  • Gibt es Vorsorgen für a.o. Aufwendungen wie Erbschaftssteuer/Notfall?
  • Wie sieht die Eigentümerfamilie ihre Rolle im Unternehmen und gibt es so etwas wie einen Verhaltenskodex?
  • u.a.

Über den Autor

Der Family Business Advisor Toni Plonner berät seit über 25 Jahren Unternehmer/innen und Unternehmerfamilien und gilt als einer der erfahrensten Berater für Familienunternehmen. Zudem ist er als Beirat und Aufsichtsrat in namhaften Familienunternehmen tätig.

Persönlicher Kontakt: tp@plonner.de